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Die radikale Zystektomie (beim Mann und bei der Frau)

Ist in der vorangegangenen TUR-B ein sogenanntes muskelinvasives Urothelkarzinom vom Stadium T2 (in tiefere Blasenwandschichten wachsender Tumor)histologisch diagnostiziert worden, stellt die radikale Entfernung der Blase die operative Standardtherapie dar.

Über eine mediane Laparotomie von der Symphyse bis oberhalb des Bauchnabels wird der Bauchraum eröffnet und neben der tumortragenden Harnblase beim Mann gleichzeitig die Vorsteherdrüse (Prostata) mitentfernt. Bei der Frau (Zystektomie mit vorderer Exenteration) erfolgt zusätzlich die Entfernung der Gebärmtter (Hyster) mit beiden Eierstöcken (Ovarien) und der vordere Anteil der Scheidenwand.

Während dieses Eingriffs werden die pelvinen Lymphknoten im Lymphabflussgebiet der Harnblase im Bereich des kleinen Beckens mitentfernt. Unter Umständen erfolgt eine Erweiterung der Lymphknotenentfernung bis zur Aortenbifurkation (Aufzweigung der großen Körperschlagader)

Nach diesem radikalen Eingriff ist eine adäquate, der Tumorausbreitung und der Handhabbarkeit des Patienten entsprechende Harnableitung zu rekonstruieren. Hierbei sollte wenn möglich die der ursprüglichen Harnblase natürlichste Form der Urinableitung gewählt werden (siehe Techniken der Harnableitung).

Techniken der Harnableitung

Grundsätzlich muss bei der Wahl des operativen Verfahrens zwischen einer kontineten und einer inkontinenten Urinableitung unterschieden werden.

- kontinente Urinableitung mit Speicherung des Urins in einem Reservoir in der Bauchhöhle (orthotope Neoblase, katheterisierbare Pouchblase)

- inkontinente Urinableitung mit nassem Urostoma mit Beutelversorgung zur direkten Urinausleitung(Ileum-Conduit, Uretherhautfistel)

Ziel der idealen Harnableitung ist die möglichst natürliche Nachahmung der Harnblase in ihrer Anatomie, Dynamik und Funktionalität. Die hierfür zur Verfügung stehenden operativen Techniken sollten mit all ihren Vor- und Nachteilen präoperativ ausführlich mit dem Patienten besprochen werden, um gemeinsam eine der Erkrankung und der Konstitution des Pateinten gerecht werdende Harnableitung zu wählen.

Die orthotope Neoblase (natürlichste Form der Urinableitung)

Anstelle der entfernten Harnblase wird ein Urinreservoir aus Dünndarmanteilen rekonstruiert. Hierfür wird ein etwa 60 cm langes Dünndarmsegment mittels spezieller Nahttechnik zu einem kugeligen Organ geformt, an dessen Dach die beiden Harnleiter implantiert werden. An der tiefsten Stelle dieser Darmblase wird der Harnröhrenstumpf fixiert. Vorteil dieser Darmblase ist die orthotope "natürliche" Lage in Verbindung mit einem hohen Grad an Kontinenz. Im Wesentlichen übernimmt sie dieselbe Funktion der ehemaligen Harnblase hinsichtlich Speicherung und Entleerung des Urins. Die Entleerung erfolgt aktiv durch den Patienten mit Bauchpresse in drei- bis vierstündigen Intervallen. Bei zunehmender Kapazität erfolg automatisch eine Verlängerung des Intervalls.

Pouchblase

Die Poucblase ist analog zur o.g. Neoblase ebenfalls ein Urinreservoir im Bauchraum. Der Unterschied zur Neoblase liegt neben den hierfür verwendeten Darmanteilen im fehlenden Harnröhrenverschluss. Der Kontinenzmechanismus wird hierbei durch die natürlich vorhandene Bauhin'sche Klappe - am Übergang zwischen Dünn- und Dickdarm - gewährleistet. Zur Entleerung des Reservoirs wir eine Verbindung der Blase mit der Haut entweder durch den vorhandenen Blinddarm oder ein entsprechendes Dünndarmsegment geschaffen. Über diesen "Schlot" kann dann die Blase mit einem Spezialkatheterset, das in einer Handtasche Platz findet, katheterisiert und auf der Toilette entleert werden.

Ileum-Conduit

Beim Ileum-Conduit wird nach Entfernung der Harnblase ein ca. 10-15 cm langes Dünndarmsegment aus dem natürlichen Darmverlauf herausgetrennt und dient als Verlängerung der Harnleiter bis zur Haut. Durch die vorhandene Darmperistaltik ist ein ungehinderter Transport des anfallenden Urins mit direktem Transport gewährleistet. Dieser wird in einem sogenannten Urostoma, einer Hautklebeplatte mit Auffangbeutel, gesammelt.

Ureterhautfistel

Unter gewissen Umständen kann als alternative Methode der inkontinenten Urinableitung die Anlage von Ureterhautfisteln sinnvoll sein. Bei dieser Technik werden nach der Entfernung der Harnblase die distalen Enden der beiden Harnleiter durch die Bauchdecke nach außen verlegt. Der Urin wird ebenfalls auf direktem Wege nach außen geleitet und in zwei separaten Beuteln gesammelt.